Lieblingsorte eines Berliners

Wer in Berlin wohnt und lebt, der sieht seine Stadt mit all ihren Teilen ganz anders als Touristen. Denn die Stadt hat so viel mehr zu bieten als die typischen Sehenswürdigkeiten, die sich jeder Ortsfremde anschauen möchte, wenn er in Berlin zu Besuch ist. Ich stelle dir jetzt einige Orte vor, die nicht unbedingt in einem Berliner Touristenführer vorhanden sind.

Das Corbusierhaus

Das Corbusierhaus Berlin befindet sich im Westend Berlins. Es handelt sich um ein Hochhaus, in dem viele Menschen leben. Entworfen hat es der bekannte Architekt Le Corbusier aus Frankreich im Zuge der Bauhausausstellung 1957. 1996 wurde es zum Denkmal. Die Etagen heißen hier anders, sie werden als Straßen bezeichnet. Früher gab es dort neben Wohnungen Geschäfte und Praxen. Das ist jedoch lange vorbei. Nur unten befindet sich noch ein Kiosk. Früher hatte das Corbusierhaus deshalb einen Spitznamen. Es wurde Wohnmaschine genannt.

Das Hochhaus ist enorm hoch und grau, erhält aber durch bunte Utensilien an den Fenstern und Balkonen mehr Lebendigkeit und wirkt nicht mehr so düster. Auch wenn du dort nicht wohnst, du darfst dir das Corbusierhaus trotzdem von innen anschauen. Im Parterre gibt es eine Ausstellung. Dort kannst du dir anschauen, wie es entstanden ist.

Der Retrobus 218

Der Retrobus 218 ist ein alter Doppeldecker. Nachdem du dir das Corbusierhaus angesehen hast, kannst du dich zur Bushaltestelle an der Flatowallee begeben, die in der Nähe ist und mit dem Bus zu deinen nächsten Zielen fahren. Dazu brauchst du den AB-Fahrschein. Wenn du dich für ein Tagesticket entscheidest, darfst du auch mit anderen Buslinien fahren, zum Beispiel dem 200er Bus.

Allerdings ist es notwendig, eine lange Wartezeit in Kauf zu nehmen, bis du den Retrobus nutzen kannst. Daher solltest du dich nach den genauen Zeiten erkundigen und die Fahrt gut planen.

Der Grunewaldturm

Der Grunewaldturm ist hoch hinaus über Berlin zu sehen und gehört ebenfalls zu den Lieblingsorten eines Berliners. Er wurde 1899 fertiggestellt und in backsteingotischem Stil errichtet. Der Turm ist 55 Meter hoch. In 36 Metern Höhe kannst du auf die Aussichtsplattform treten und wirst mit einem wunderbaren Blick auf die Umgebung belohnt. Allerdings musst du vorher 200 Treppenstufen hinaufgehen.

Erbaut wurde der Grunewaldturm zu Ehren Kaiser Wilhelms des Ersten. Dieser befindet sich in Form einer Marmorstatue in der Gedenkhalle. Zu früheren Zeiten hieß er deshalb Kaiser-Wilhelm-Turm. Erst 1948 wurde er umbenannt.

Der Selbstmörderfriedhof

Eigentlich heißt der Selbstmörderfriedhof Friedhof Grunewald-Forst. Die meisten nennen ihn jedoch nur bei seinem Spitznamen. Früher hatte er noch andere Bezeichnungen wie Friedhof der Namenlosen oder Schandacker. Es handelt sich deutschlandweit um den einzigen Friedhof, auf dem Selbstmörder begraben wurden. Er ist nur 60 x 80 Meter groß, bietet aber einen pittoresken Anblick.

Offiziell wurde der erste Mensch dort 1900 beerdigt. Allerdings gab es schon vorher inoffizielle Begräbnisse. Inoffiziell, weil Selbstmörder damals geächtet waren. Diese stürzten sich in die Havel oder erhängten sich im nahegelegenen Wald. Zu früheren Zeiten war es Sünde, Selbstmord zu begehen. Deshalb wurden Selbstmörder damals nicht auf normalen Friedhöfen begraben. Das änderte sich erst 1920, nachdem das kirchliche Bestattungsmonopol aufgehoben wurde.

Es heißt, dass auf dem Selbstmörderfriedhof nur wenige 100 Gräber vorhanden sind, in Wirklichkeit dürften das jedoch weitaus mehr sein. So wurden hier auch im Zweiten Weltkrieg unzählige Bombentote beerdigt.

Wenn du dir den Friedhof anschauen möchtest, solltest du wissen, dass sich dort Wildschweine befinden, vor denen du Respekt haben und dich schützen solltest.

Der Teufelsberg

Auch der Teufelsberg ist sehenswert. Dort lassen sich spannende Spaziergänge unternehmen, die dich auch durch den Wald führen. Er wurde künstlich angelegt und ist 120 Meter hoch. Damit ist er der zweithöchste der Stadt. Entstanden ist er aus einem seltsamen Umstand heraus.

In den 40er Jahren hatten die Nazis an dieser Stelle geplant, eine Wehrtechnische Fakultät zu errichten. Sie sollte zur Welthauptstadt Germania gehören, die von ihnen geplant war. Der Bau wurde nicht fertiggestellt und deshalb nach dem Krieg gesprengt. Seine Überreste wurden zusammen mit den Trümmern der zerstörten Häuser Berlins zum Teufelsberg aufgetürmt.

Heute kannst du dort eine Streetart-Galerie besichtigen, die sich in der alten Radarstation befindet. Sie ist als höchstgelegenste europäische Kunsthalle dieser Art bekannt. Wenn du auf der Spitze des Berges angekommen bist, genießt du einen Panoramablick über ganz Berlin und die nähere Umgebung.

Die Gropiusstadt

Die Gropiusstadt wurde 1975 fertiggestellt. Es entstanden 18.500 neue Wohnungen, von denen 90 Prozent Sozialwohnungen sind. Das war der Grund, weshalb sie ziemlich schnell zu einem Problembezirk Berlins wurde.

Hier war auch Christiane F. zu Hause, die dir vermutlich ein Begriff ist. Sie schilderte ihre traurigen Erlebnisse in einem Buch, das später verfilmt wurde. Der Buchtitel ist “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”. Ich kann dir empfehlen, das Buch zu lesen, denn so erfährst du, wie trostlos und schwer das Leben dort zu ihrer Kindheit war.

Außerdem verlief auch die Mauer in diesem Bereich, die West-Berlin von Ost-Berlin trennte.

Die Grunewalder Villenkolonie

Ganz anders dagegen sieht es in der Grunewalder Villenkolonie aus, deren Bau 1889 begann. Hier eröffnet sich dir ein wunderschöner Einblick in das andere Berlin. Sie hebt sich deutlich von den vielen anderen Bezirken der Stadt ab. In der Nähe befindet sich der idyllische Königssee. Zu Fuß benötigst du nur 20 Minuten, um ihn zu erreichen.

In der Villenkolonie wohnen nicht nur die “normalen” Reichen, sondern auch Prominente. Durch die Kolonie ziehen sich viele interessante Straßen, in denen bekannte Menschen leben. So auch Hildegard Knef in den 70ern, und zwar in der Bettinastraße. Sie zog sich nach ihren Schönheitsoperationen dort zurück, um den öffentlichen Diskussionen zu entgehen. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts lebte dort F. W. Murnau, der Regisseur des Filmes Nosferatu, in der Douglasstraße.

In der Winklerstraße lebte Romy Schneider seit Mitte der 60er Jahre, allerdings nicht in einer Villa, sondern “nur” in einer Vierraum-Wohnung. Ebenfalls in der Winklerstraße befindet sich eine große Villa, die leider allmählich dem Verfall ausgesetzt ist.

Zum Abschluss deiner Tour durch die Villenkolonie empfehle ich dir einen Besuch des Königssees, der meiner Meinung nach zu den schönsten Seen der Stadt gehört. Setze dich an den Rand des Ufers und genieße die Ruhe fernab vom Verkehr.