Wie viele Kulturen müssen durch Kriege leiden, bevor wir die Bedeutung ihrer Geschichte erkennen? Das Museum für Islamische Kunst, Teil der Staatlichen Museen zu Berlin, schützt und präsentiert eine der bedeutendsten Sammlungen islamischer Kunst weltweit. Diese Sammlung reflektiert nicht nur die Kulturgeschichte, sondern auch die interkulturellen Verbindungen, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind. Inmitten von über 1000 Jahren künstlerischem Schaffen finden sich Artefakte aus dem Nahen Osten, insbesondere aus Syrien und der arabischen Halbinsel, die die Zerstörung der Kultur und das reiche Erbe, das es zu bewahren gilt, in den Fokus rücken.
Erkunden Sie, welche Geschichten hinter den Exponaten verborgen sind und erfahren Sie mehr über das Erbe dieser islamischen Kunst, das von Zerstörung bedroht ist. Das Museum lädt nicht nur zur Besichtigung ein, sondern auch zur Reflexion über den Wert und den Schutz unserer gemeinsamen Geschichte.
Einleitung zum Museum für Islamische Kunst
Das Museum für Islamische Kunst ist eine bedeutende Einrichtung, die nicht nur die Geschichte islamischer Kunstwerke bewahrt, sondern auch einen Raum für Wissensvermittlung und kulturellen Austausch bietet. Gegründet im Jahr 1904, hat dieses Museum eine über ein Jahrhundert währende Tradition in der Erforschung und Präsentation islamischer Sammlungen. In Zeiten von historischen Herausforderungen, die das islamische Erbe bedrohen, ist das Museum ein Ort des Dialogs und der Reflexion.
Mit einem vielfältigen Angebot verfolgt das Museum das Ziel, das Verständnis für die vielfältigen Aspekte islamischer Kunst und Kultur zu fördern. Es stellt nicht nur Objekte aus, sondern engagiert sich auch in der Forschung und der Lehre. Der Einfluss auf die Geschichte der islamischen Kunst in Deutschland ist unermesslich, da das Museum über die Jahre hinweg bedeutende Akquisitionen und wertvolle wissenschaftliche Netzwerke etabliert hat.
Die historische Bedeutung der Sammlung
Die Sammlung des Museums für Islamische Kunst bietet einen einzigartigen Einblick in die islamische Kultur und das Erbe von verschiedenen Gesellschaften. Zentrale Figuren wie Samuel von Oppenheim haben durch bedeutende Ausgrabungen zur Bereicherung dieser Sammlung beigetragen. Seine Reisen und Funde in Syrien lieferten viele wertvolle Artefakte, die bis heute die Geschichte und Kunst dieser Regionen repräsentieren.
Samuel von Oppenheim und seine Ausgrabungen
Samuel von Oppenheim war ein entscheidender Akteur in der archäologischen Gemeinschaft des 19. Jahrhunderts. Durch seine Ausgrabungen in Syrien entdeckte er eine Vielzahl von Kunstwerken und archäologischen Schätzen, die das Museum bereicherten. Die geografische Reichweite seiner Funde erstreckt sich von Spanien bis nach Indien, was die kulturelle Vielfalt der Sammlung unterstreicht. Die Mschatta-Fassade und die Alhambra-Kuppel sind nur einige Beispiele für die bedeutenden Stücke, die aus dieser Zeit stammen.
Transformation und Zerstörung im Zweiten Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg stellte eine gravierende Bedrohung für das kulturelle Erbe dar. Viele der wertvollen Artefakte, die durch die Ausgrabungen von Samuel von Oppenheim nach Berlin gelangten, wurden während dieser turbulenten Zeit zerstört. Diese Zerstörung hat die Sammlung stark beeinträchtigt und den Verlust unersetzlicher Stücke veranschaulicht. Die Herausforderungen der Erhaltung dieser historischen Gegenstände bleiben bis heute relevant und rücken die Bedeutung der Provenienzforschung in den Fokus.
Die aktuelle Sonderausstellung: Kulturlandschaft Syrien
Die Sonderausstellung „Kulturlandschaft Syrien“ im Museum für Islamische Kunst präsentiert die kulturellen Schätze Syriens und thematisiert die verheerende Zerstörung, die der Krieg angerichtet hat. Ausgestellt werden Informationen über bedeutende Städte wie Aleppo, Damaskus, Palmyra, Raqqa und die “Toten Städte”. Besucher können sich auf eine emotionale Reise durch die Vielfalt des syrischen Erbes begeben und die Tragik der Verlustgeschichte nachvollziehen.
Die Ausstellung zeigt nicht nur Exponate des Museums für Islamische Kunst, sondern auch bedeutende Werke des Bode-Museums. Auf fünf Stationen erhalten die Gäste Einblick in die jahrtausendealte Geschichte Syriens, die durch die Zerstörung in Gefahr geraten ist. Über 340.000 Fotos, Zeichnungen, Dokumente und Karten wurden seit 2013 im Rahmen des Syrian Heritage Archive Projects digital archiviert.
Diese spannende Vern Schau möchte nicht nur informieren, sondern auch zum Nachdenken über die aktuelle Lage und die Herausforderungen anregen, vor denen die syrische Bevölkerung steht. Der Zugang zu Informationen über das kulturelle Erbe Syriens ist von großer Bedeutung, da fast 50% der Syrer auf der Flucht sind und Hunderttausende ihr Leben verloren haben. Die Sonderausstellung läuft bis zum 26. Mai und lädt alle Interessierten ein, mehr über die Kulturlandschaft Syriens zu erfahren.
Das Syrian Heritage Archive Project
Das Syrian Heritage Archive Project, das 2013 ins Leben gerufen wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, die dramatischen Verluste des kulturellen Erbes in Syrien zu dokumentieren. Aufgrund des Bürgerkriegs und extremistischer Aktionen sind zahlreiche historische Stätten stark beschädigt oder zerstört worden. In diesem kritischen historischen Kontext spielt die Dokumentation von kulturellem Erbe eine entscheidende Rolle. Über 212.000 digitale Objekte wurden bereits in der Datenbank gesammelt, darunter auch bedeutende Aufzeichnungen über Architekturen und Kunstwerke von Orten wie Aleppo.
Dokumentation von Kulturerbe und Zerstörung
Die Erfassung des kulturellen Erbes in Aleppo erfolgt aus verschiedenen Perspektiven und umfasst sowohl Vorkriegs- als auch aktuelle Daten. Zum Beispiel wurden über 5.000 Fotos von Gebäuden aus dem Viertel al-Sadisa dokumentiert, um den Zustand der historischen Denkmäler zu erfassen. Besondere Aufmerksamkeit galt den osmanischen Wohnhäusern, die aufgrund ihres hohen kulturellen Wertes von Bedeutung sind. Diese Dokumentation ist auch notwendig, da viele Archive während des Konflikts verloren gingen oder beschädigt wurden.
Zusammenarbeit mit deutschen und syrischen Fachleuten
Die Zusammenarbeit zwischen dem Museum für Islamische Kunst und dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) sowie anderen internationalen Partnern ist zentral für den Erfolg des Projekts. Diese Kooperation bring einen wichtigen Austausch von Wissen und Ressourcen hervor, um das kulturelle Erbe Syriens zu bewahren. Trotz der Herausforderungen durch internationale Sanktionen arbeiten Fachleute sowohl vor Ort als auch im Ausland zusammen, um Informationen zu sammeln und die Wiederherstellung von Kulturstätten zu unterstützen.
Multaka – Treffpunkt Museum für Geflüchtete
Das Projekt Multaka – Treffpunkt Museum wurde im Dezember 2015 vom Museum für Islamische Kunst ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, Geflüchteten eine sichere Anlaufstelle zu bieten und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre eigene Kultur im Rahmen der islamischen Kunst zu präsentieren. Multaka fördert den interkulturellen Austausch und vereint Menschen unterschiedlicher Herkunft.
Über 30 Guides wurden durch Multaka ausgebildet, von denen derzeit 16 aktiv sind. Die Touren werden in Arabisch sowie Farsi angeboten und finden jeden Sonntag um 16 Uhr in verschiedenen Museen statt. Ab Dezember 2023 werden zudem einstündige Ausstellungsgespräche in der Muttersprache der Guides angeboten. Dies geschieht in bedeutenden Einrichtungen wie dem Pergamonmuseum und dem Bode-Museum.
Besonders erwähnenswert ist, dass Multaka 2021 sein Angebot auf Farsi/Dari sprechende Personen aus Afghanistan und Iran erweitert hat. Die Führungen im Bode-Museum konzentrieren sich dabei auf die Wurzeln der drei Weltreligionen: Islam, Judentum und Christentum. Multaka hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den „Special Prize for Projects on Cultural Participation of Refugees“ sowie den Audience Award beim Zenith Photo Award 2017.
Die Teilnahme an den Führungen ist kostenfrei, ebenso wie der Eintritt in die Staatlichen Museen zu Berlin und das Deutsche Historische Museum für geflüchtete Personen. In diesen Museen werden auch spezielle Workshops für geflüchtete Kinder und Familien angeboten, wodurch Multaka zu einem wichtigen Treffpunkt für Geflüchtete wird.
Die Rolle des Museums in der heutigen Gesellschaft
Das Museum für Islamische Kunst spielt eine wesentliche Rolle in der heutigen Gesellschaft, indem es Räume für interkulturellen Dialog und Verständnis schafft. Diese Institution fördert aktiv den Frieden und die kulturelle Versöhnung zwischen verschiedenen Kulturen. Die Initiativen des Museums zielen darauf ab, ein Bewusstsein für gemeinsame kulturelle Erbschaften zu schaffen, die besonders in Zeiten von Konflikten und Krisen von großer Bedeutung sind.
Friedensförderung und kulturelle Versöhnung
In den letzten zehn Jahren hat das Museum für Islamische Kunst seine Aktivitäten erheblich ausgeweitet und Förderprogramme ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Programme erhält das Museum eine Unterstützung von 9 Millionen Euro über einen Zeitraum von 10 Jahren von der Stiftung Alwaleed Philanthropies. Diese finanziellen Mittel ermöglichen es dem Museum, ihre Angebote zu erweitern und den interkulturellen Austausch zu intensivieren.
Ein herausragendes Beispiel für die aktive Förderung des Friedens ist das Projekt „Multaka – Treffpunkt Museum“. Hier werden Geflüchtete zu Museumsführern ausgebildet, was nicht nur ihre Integration unterstützt, sondern auch das Verständnis für unterschiedliche Kulturen innerhalb der Gesellschaft stärkt.
Die neue Dauerausstellung, die ab 2024 auf der Museumsinsel in Berlin eröffnet wird, soll zudem die Ausstellungsfläche des Museums verdoppeln. Damit wird es zum größten Museum für Islamische Kunst in der westlichen Welt. Diese Expansion schafft zusätzliche Möglichkeiten für Bildungs- und Austauschprogramme, die gezielt zur Förderung des Friedens und der kulturellen Versöhnung beitragen.
Die politischen Bildungsprogramme des Museums lehren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene den Umgang mit Kunst- und Kulturgeschichte, um ein Bewusstsein für Anfragen zu Rassismus und Diskriminierung zu entwickeln. Durch die Schaffung von Unterrichtsmaterialien, die die aktuelle Forschung berücksichtigen, trägt das Museum dazu bei, moderne Mythen zu hinterfragen und Diskriminierung in jeglicher Form abzulehnen.
Insgesamt zeigt das Museum für Islamische Kunst, wie kulturelle Bildung und die Förderung von Frieden und Versöhnung in einer vielfältigen Gesellschaft ineinandergreifen, um ein harmonisches Zusammenleben zu unterstützen.
Wichtige Exponate im Museum für Islamische Kunst
Das Museum für Islamische Kunst beherbergt beeindruckende Exponate, die einen tiefen Einblick in die Geschichte und Kultur des islamischen Raums bieten. Jedes Exponat, wie das Aleppo-Zimmer, lädt die Besucher ein, in die faszinierende Architektur und die künstlerischen Errungenschaften vergangener Zeiten einzutauchen. Besonders die Kapitele aus Raqqa verdeutlichen die kulturelle Relevanz, die diese Region über Jahrhunderte hinweg hatte.
Das Aleppo-Zimmer: Ein Meisterwerk der Architektur
Das Aleppo-Zimmer ist ein herausragendes Beispiel für die Kunstfertigkeit und den Reichtum der syrischen Architektur im frühen 17. Jahrhundert. Es spiegelt die multikulturellen Einflüsse wider, die Syrien prägen, und ist ein lebendiges Zeugnis der damaligen Lebensweise. Besucher können die detailreiche Ausführung bewundern, die durch handwerkliches Können und ästhetische Raffinesse besticht.
Kapitele aus Raqqa und deren Bedeutung
Die Kapitele aus Raqqa sind nicht nur architektonische Fragmente, sondern auch bedeutende kulturelle Schätze. Sie stammen aus der Zeit der Abbasiden und zeigen eine Synthese von künstlerischen Stilen, die die Blütezeit dieser Region verkörpern. Die Exponate geben Aufschluss über die Geschichte der Stadt Raqqa und deren Rolle als kulturelles Zentrum in der islamischen Welt. Ihre besonderen Merkmale machen die Kapitele zu faszinierenden Objekten der Studie für Historiker und Kunstliebhaber gleichermaßen.
Exponat | Ursprung | Epoche | Bedeutung |
---|---|---|---|
Aleppo-Zimmer | Syrien | 17. Jahrhundert | Beispiel multikultureller Architektur |
Kapitele aus Raqqa | Raqqa, Syrien | Abbasiden-Zeit | Symbol künstlerischer Blüte |
Kultur und Identität im Museum für Islamische Kunst
Das Museum für Islamische Kunst stellt einen bedeutenden Ort dar, an dem Kultur und Identität in ihrer Vielschichtigkeit erlebbar werden. In einer Gesellschaft, die von der Begegnung verschiedener Ethnien und Religionen geprägt ist, bietet das Museum eine Plattform für Dialog und Verständnis. Diese Institution fördert das Bewusstsein für die gemeinsame Wertschätzung von kulturellem Erbe und unterstützt aktiv den Austausch zwischen unterschiedlichen Gemeinschaften.
Zusammenleben verschiedener Ethnien und Religionen
Die Sammlung des Museums umfasst rund 500 Objekte, die nicht nur von hohem künstlerischem Wert, sondern auch von historischem Interesse sind. Mit über 11.000 digitalisierten Sammlungsobjekten wird das Kulturerbe umfassend zugänglich gemacht, was die Identität verschiedener Ethnien würdigt. Die Dauerausstellung „Islamische Kulturen“ vermittelt die kulturelle Diversität islamisch geprägter Regionen und zeigt, wie vielschichtig Kultur auf das individuelle und kollektive Identitätsgefühl wirkt.
Das Museum engagiert sich aktiv gegen den illegalen Handel mit Kunstgut und arbeitet in internationalen Netzwerken, um den Wert der Kultur in der Gesellschaft zu sichern. Besondere Bildungsmaßnahmen und Outreachprojekte stärken die kulturelle Teilhabe diverser Gruppen und fördern das Zusammenleben in einer multiethnischen Gesellschaft. Diese Aktionen sind entscheidend für die Anerkennung von Minderheiten und deren Zugehörigkeitsgefühl zur Gesamtgesellschaft.
Zu den neuen Projekten gehört die Initiative “Extremismusprävention und Entwicklung von museumspädagogischen Ansätzen für muslimische Multiplikatoren,” die darauf abzielt, Jugendliche in ihrem kulturellen und sozialen Engagement zu stärken. Jedes Objekt im Museum erzählt eine Geschichte von Migration und kulturellem Austausch. Diese Erzählungen eröffnen Räume für Diskussionen über bedeutende gesellschaftliche Fragen der heutigen Zeit.
Veranstaltungen und Bildungsangebote
Das Museum für Islamische Kunst bietet ein breites Spektrum an Veranstaltungen und Bildungsangeboten, die sich intensiv mit der syrischen Geschichte und Kultur auseinandersetzen. Diese Programme sind darauf ausgelegt, Besucher jeden Alters herzlich willkommen zu heißen und sie aktiv in die Thematik einzubeziehen. Vorträge und Workshops ermöglichen es den Teilnehmern, tiefer in die kulturellen Hintergründe und historischen Zusammenhänge einzutauchen.
Vorträge zur syrischen Geschichte und Kultur
Ein besonderer Fokus liegt auf Vorträgen, die fundierte Einblicke in die Vielfalt und Reichhaltigkeit der syrischen Kultur bieten. Experten und Fachleute aus den Bereichen Geschichte, Kunst und Sozialwissenschaften diskutieren aktuelle Fragestellungen und Herausforderungen, die sich im Kontext der syrischen Kulturgeschichte ergeben. Solche Veranstaltungen fördern ein tieferes Verständnis für die kulturellen Reichtümer, die oft im Schatten der politischen Ereignisse stehen.
Interaktive Formate für Besucher
Darüber hinaus werden interaktive Formate angeboten, die eine lebendige Auseinandersetzung mit den Exponaten und Themen ermöglichen. Diese Formate fördern die Teilnahme durch verschiedene Mitmachaktionen und kreative Workshops, wodurch alle Altersgruppen eingeladen werden, sich aktiv einzubringen. Diese Veranstaltungen sind nicht nur lehrreich, sondern bieten auch die Möglichkeit, sich mit anderen Besuchern auszutauschen und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln.